Die Burschenschaft Furia entspringt aus dem Schoß zweier Nationen. Ausgangspunkt unserer Gründungsgeschichte ist Innsbruck. Cenzi von Ficker, die einer Gelehrtenfamilie entstammte, war in der Region bereits weithin als kühne Bergsteigerin bekannt. 1903 hatte sie eine Truppe talentierter, hübscher Alpinisten um sich versammelt und so versuchte sie die Erstbegehung des Uschba in Georgien. Mit 4.689 Metern und seinem respekteinflößenden Südgipfel galt er damals als schwierigster Berg der Welt. Der Versuch scheiterte, da ihre männlichen Begleiter in einem unaufmerksamen Augenblick stürzten. Sie brachte diese ins Lager zurück und versorgte die Verunglückten kameradschaftlich. Da sich die Männer nach dem katastrophalen Sturz in einem Schockzustand befanden, darf ihr weiteres Vorgehen nicht verwundern. Ihnen muss die absolute Überlegenheit von Cenzi von Ficker erst in Georgien augenscheinlich geworden sein. So fassten sie den Entschluss, ihr die Lorbeeren für die Erstbesteigung, die bereits in Reichweite schien, aus den Händen zu reißen.
Dennoch setzte Von Ficker den ihr rechtmäßig zustehenden Titel der Gipfelbezwingerin durch, was Niederschlag in ihrem späteren Beinamen „Uschba-Mädel“ fand. Ihre bergsteigerische Leistung wurde auch von Fürst Dadeschkeliani von Swanetien anerkannt, der ihr offiziell den Uschba zum Geschenk machte. Bei der anschließenden Begehung mehrerer Gipfel in der Umgebung erbrachte sie weitere sportliche Höchstleistungen – dieses Mal unterstützt von einer Seilschaft von georgischen Bäuerinnen. Unter anderem gelang ihr die Erstbesteigung des 3.976 Meter hohen Schtawler und sie erklomm einen bis dato namenlosen Berg, der daraufhin ihr zu Ehren den Namen „Tsentsi Tau“ erhielt.
Während der Besteigung desselben traf sie die dort lebende Gulisa Hitt, eine direkte Nachfahrin von Königin Tamar der Großen, die im Georgien des Mittelalters die Grundsteine für Bürgerrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit legte. Gulisa Hitts Gefolgsfrauen waren als „die Furien“ bekannt. Georgien gilt als Wiege des Weinbaus und Gulisa war als großzügige Gastgeberin berühmt und berüchtigt. Die zwei bergaffinen Frauen verstanden sich auf Anhieb und verbrachten einige Wochen im gemeinsamen Rausch. Bei ausschweifenden Gesprächen kamen sie zu dem Konsens, dass sich hie wie dort, in Tirol und in Georgien, bedenkliche, durch patriarchale Verblendung beförderte, Ereignisse anbahnten, etwa der nun offen zur Schau getragene Antisemitismus oder die blutigen Niederschlagungen der Aufstände in Tiflis. Dem musste die weibliche Urkraft und Weisheit etwas entgegensetzen. Der Legende nach wurde daher die erste internationale Burschenschaft, die Burschenschaft Furia, an einem Abend besonders reichlichen Weingenusses gegründet. Die Burschen schworen, gemeinsam für Freiheit, Aufstand und Mutterland zu kämpfen.
Zurück in Österreich etablierte Cenzi von Ficker die internationale Burschenschaft, die sich bald einer großen Anhängerschaft erfreute und schnell zu matriarchalen Bewegungen weltweit anregte, genannt seien hier als ein Beispiel von vielen die Suffragetten in England. Von Fickers Engagement in Georgien wirkt bis heute nach. So wurde 1982 einer ihrer letzten Wünsche endlich verwirklicht und Georgiens Hauptstadt Tiflis zu einer Partnerstadt von Innsbruck. Auch ein Reisesouvenir gemahnt noch heute an ihre Erfolge, die internationale Freundschaft und das ewig goldene Zeitalter des Matriarchats: Ein imposanter Felsbrocken in Frauenform namens Gulisa Hitt, ehemals Teil des Uschbas und nun Wahrzeichen der Nordkette in Innsbruck.